„Sie war die Seele unserer Erinnerungskultur“ – mit diesen Worten fasste die Stadt Stadtallendorf die große Bedeutung von Eva Fahidi für Stadtallendorf und die politische und kulturelle Entwicklung des Ortes zusammen. Eva Fahidi war als Zeitzeugin sehr oft zu Besuch in den Schulen von Stadtallendorf, um hier zusammen mit Schülerinnen und Schülern an den Holocaust zu erinnern. Unermüdlich war ihr Einsatz gegen das Vergessen. Dass sich Diktatur und Menschenverachtung niemals wiederholen dürfen und zu bekämpfen sind, war der Holocaust-Überlebenden und ehemaligen Zwangsarbeiterin das größte Herzensanliegen. „Vergeben ja, vergessen nie“ – mit diesem Grundsatz wurde Eva Fahidi zur Begleiterin zahlloser Jugendlicher auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben.
Die Veranstaltungen des DIZ Stadtallendorf waren dabei nicht nur auf Schulklassen beschränkt. Durch Führungen in der Dauerausstellung des DIZ, zu Werksbunkern im ehemaligen Gelände der NS-Sprengstoffwerke Allendorf sowie zum KZ-Außenlager Münchmühle, durch Vorträge, Filme und Tanzvorführungen erreichte Eva Fahidi alle Altersschichten und Zielgruppen in Stadtallendorf. Mitbürgerinnen und Mitbürger, die heute selbst Familie haben, lernten als Schülerinnen und Schüler Eva Fahidi durch Begegnungen und der Schule kennen und suchten später als Erwachsene den Kontakt zu ihr bei den Veranstaltungen des DIZ. Dieser lebendige dauerhafte, intensive Kontakt mit allen Generationen von Stadtallendorf ließ die Auseinandersetzung mit der bewegten dramatischen Geschichte des Ortes für seine Bewohnerinnen und Bewohner zu einem unverzichtbaren prägenden Bestandteil ihres Lebens hier werden. Es ist diese Freundschaft der Stadt zu der Zeitzeugin, wegen der Stadtallendorf Eva Fahidi 2014 die Würde der Ehrenbürgerschaft verlieh.
Diese Freundschaft von Stadtallendorf zu Eva Fahidi begann 1990 mit einer Einladung der Stadt Eva Fahidi und die tausend Frauen von der Münchmühle als eine Geste der Wiedergutmachung. Bereits Jahre zuvor seit Anfang der 1980er Jahre hatten sich Schülerinnern und Schüler und der Leitung verdienstvoller Lehrerinnen und Lehrer der bis dahin weitgehend vergessenen Geschichte des Alltags im Nationalsozialismus im damaligen Allendorf im 2. Weltkrieg gewidmet. Die erschütternden Ergebnisse, die 1986 erstmals veröffentlicht wurden, brachten neben dem Leid tausender Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in dem damals größten Sprengstoffwerk Europas auch die Gründung eines KZ-Außenlagers Münchmühle bei Allendorf ans Licht. Bis dahin waren weder die genaue Zahl noch das Herkunftsland bekannt und niemand kannte die Namen und Einzelschicksale der tausend Frauen von der Münchmühle. Die Entdeckung bewirkte noch vor der Einweihung des DIZ Stadtallendorf 1994 die Gründung einer Gedenkstätte an der Münchmühle für die ungarischen Jüdinnen aus Auschwitz 1988. Die Entdeckung der Namen und die Grenzöffnungen nach dem Ende des Kalten Krieges 1989/90 ermöglichten schließlich auch die Suche nach noch Überlebenden in Ungarn. Es ist dieses Engagement der jungen Generation und das Zusammenwachsen Europas nach 1989/90, das die gemeinsame Erinnerung und die Freundschaft mit Eva Fahidi begründete.
Diese Freundschaft zu der Holocaust-Überlebenden und ehemaligen Zwangsarbeiterin ist das Vermächtnis Eva Fahidis, das Stadtallendorf und das DIZ weitertragen. Erinnerung und Gedenken waren für Eva Fahidi mehr und anderes als nur Geschichtsunterricht. Vielmehr verbanden sich für sie mit dem Kampf gegen das Vergessen immer auch die Zukunft der Toleranz und des friedlichen Miteinanders. Diese Botschaft hat das Miteinander und die Selbstfindung von Stadtallendorf als demokratischen multikulturellen Ankunftsort nachhaltig geprägt. Erinnerung als Verantwortung für das, was einmal war, ist die Grundlage für gegenseitiges Vertrauen. Ohne dieses Vertrauen ist Zukunft nicht möglich. Vertrauen durch Erinnerung – diese Zukunftsversprechen ist das Vermächtnis von Eva Fahidi, dem sich das DIZ Stadtallendorf verpflichtet fühlt.